Aus der langen Geschichte der Schrottenbaummühle
Der genaue Anfang der Schrottenbaummühle liegt im historischen Dunkel. Im Jahr 1429 ist zum ersten Mal von der Schrottenbaummühle die Rede. Seltsamerweise trägt sie in der Urkunde den Namen „mul zu Schnürring“. Im Umkreis von Schürring oberhalb der Ilz wurde vermutlich schon sehr früh Getreide wie Roggen, Hafer, Gerste, Hirse und Buchweizen angebaut. Das Dorf zählt zu den alten –ing Orten, dessen Gründung bis zur Zeit um 1000 zurückreicht.
Dass die Schrottenbaummühle schon eine geraume Zeit vor 1429 bestanden haben muss, lässt sich aus dem rechtlich ausführlichen Dokument erschließen, in dem sie nur als Nebensächlichkeit Erwähnung findet. In der Hauptsache geht es in der Urkunde um die Regelung der Fischereirechte an der Ilz. „Die Örter der Vischwaid auf der Ylltz, die da gehören zu der Grafschaft Halls“ bezeichnen die Lokalität, auf die sich die näheren Bestimmungen des kurbayerischen Erlasses beziehen. In diesem Gebiet hatte auch die „mul zu Schnürring“ ihren Platz, die „oberhalb Fürstenegk gelegen“ war.
Die Schnürringer Mühle war eine Ehaftsmühle mit einem eigenen „müllner“. Mühlen waren im Mittelalter im Besitz von adeligen Grundherren. Die Betreiber der „mul zu Schnürring“ waren die Grafen von Hals. Sie gehörte zur Pfarrei Perlesreut und wurde 1457 von Peter von Snurring geführt.
Im Jahr 1517 wird ein Namenswechsel dokumentiert. Im gleichen Jahr ging die Grafschaft Hals mit ihrem gesamten Besitz an das Herzogtum Bayern über. Gericht und Herrschaft Hals bestanden weiter, wenn auch jetzt unter bayerischer Oberhoheit. Die Schnürringer Mühle wurde Fürsteneck übertragen. In dem aus Anlass des Herrschaftswechsels angefertigten Lehensverzeichnis des Fürstenecker Gerichts wurde ein neuer Lehensinhaber genannt: Hanns Schrotnpam zu Schnürring. Der Name ist etwas schwer zu deuten. Das Grundwort „schroten“ kann der Begriff im Sinne von „schneiden“, „hauen“ oder „klein hacken“ aufgefasst werden. In Verbindung mit dem Wort “pam“ (Baum) konnte „Schrotn“ auf eine Holzmühle hindeuten. Dennoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei dem Wort Schrotnpam auch um einen Eigennahmen von ganz anderer Herkunft gehandelt haben kann.
1532 erfahren wir von einem „Schrotnpam Mullner“, der für seine Gesamthabe im Wert von 38 Gulden eine Steuer von etwas mehr als einen Gulden zu entrichten hatte. In einem Steueranlagenbuch von 1538 wird der Besitz einer Kuh erwähnt. Sehr viel ausführlicher sind die Informationen im Salbuch der Grafschaft Hals aus dem Jahr 1579. Darin wird nicht nur das Wohn- und Mühlengebäude eines Michael Schrotenpamb näher beschrieben, die Rede ist auch von einem Saghaus, zwei Ställen und einem Getreidespeicher. Mit dem Saghaus kann nur eine Säge gemeint gewesen sein. Zum Besitz kamen drei Wiesen hinzu: die „Söldenwiese“, die an die Ortschaften Schnürring und Oherwegen angrenzte; die „Haußwißl“ am „Oherweger Pach“; der „wörth“ (Inselwiese) – zusammen umfassten sie 1 ¾ Tagwerk. Außerdem durfte der Müller in der Ilz flussabwärts „biß zu Fürstenegg an der Aue mühl, wie daselbst das Wasser zusammsrint“ fischen. 1622 erlangte die Schrottenbaummühle schließlich noch das Schankrecht.
Leute, die sich an dem gastlichen Platz mit Nahrung versorgen mussten, gab es viele, denn die bayerische Grenze war nahe. Auf der Ilzbrücke nahe der Mühle ging der Handel hin und her. Der Weg führte hinauf nach Perlesreut, dessen Bedeutung als regionaler und überregionaler Markt kontinuierlich zugenommen hatte. 1612 wurde das Mühlenanwesen bereits auf 300 Gulden geschätzt, ganz offensichtlich profitierte es auch vom angewachsenen Reichtum Perlesreuts. Ein solches florierendes Anwesen gab niemand freiwillig auf. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Geschichtsquellen die ununterbochene Anwesenheit von Müllern in der Schrottenbaummühle bestätigten. Verschiedene Familien lösten einander ab: 1579 Michael und Anna Schrotenpamb; 1587 Marthin Wißring, 1599 Ambrosy Goltperger, 1612 Hans, Müller am Schrotenpämp, Anna Wißring Sohn aus zweiter Ehe mit Marthin Wißring, 1669 Geörg Stetter, 1674 Christoph Khriegl und Rosina, 1677 Christoph, zum zweiten Mal verheiratet mit Roßina, der Witwe des Thomas Wildenstainer von der nahen „Wißmühl“.
Wer aber war der Nachfolger Christoph Khriegls? Das Schreiben des Kastenamtes Hals an die herzoglichen Behörden in Landshut vom 1.12.1688 nennt ihn den „Tochtermann Simon Segl“. Simon hat also in die Khriegl-Familie eingeheiratet.
Seit 1688 sind Mühle und Gastwirtschaft in Besitz der Familie Segl. Sie ist mir der Zeit gegangen und hat sich um ein vernüftiges und sicheres Auskommen bemühlt, was ihr aber nicht immer gelungen ist. Im Jahr 1706 sahen sich die Segls außerstande, das geschuldete Scharwerksgeld zu zahlen. Als Grund wurde eine „feindtliche plünderung“ angegeben. Man bat darum, die Forderung um die Hälfte zu reduzieren. Ob man der Bitte Simon Segls, des „Miller am Schrotenpaumb“, Folge geleistet hat, konnte nicht geklärt werden.
Dies ist hier aber nicht das Ende der Geschichte der Schrottenbaummühle und der Familie Segl. Sie wird noch immer weiter geschrieben.
Auszug aus „Perlesreut – Geschichte eines Marktes im Passauer Abteiland“ Richard Faas Geiger-Verlag, Horb am Neckar, 2008